Communio Ingolstadt West

Geschichte der Pfarrei St. Rupert in Gerolfing

Die ersten Kirchen waren Eigenkirchen, d.h. jeder Grundherr, der auf eigenem Grund und aus eigenen Mitteln eine Kirche erbaut hatte, behielt auch das freie Verfügungsrecht darüber. Viele Argumente sprechen dafür, dass in der Flurabteilung am „Lebelbuck“ eine Eigenkirche gestanden hat.

1878 stieß man in einer Kiesgrube am Weg zur Haindlmühle in der Nähe der Abzweigung von der Straße nach Dünzlau (heute steht dort ein Feldkreuz) auf ein menschliches Skelett in sitzender Haltung, von Nord nach Süd schauend. Die reiche Grabausstattung weist auf einen vornehmen Mann hin, auf einen hohen Herrn der damaligen Zeit, auf einen Adeligen aus Gerolfing, der sich in der von ihm gestifteten Kirche begraben ließ.

 

Zeitgeschichtlich sind die gefundenen Gegenstände der spätmerowingischkarolingischen Epoche zuzuordnen, etwa zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts nach Christus. Die Vermutung liegt nahe, dass der heilige Bartholomäus der Patron dieser Kirche war, denn alte Flurbezeichnungen aus dieser Gegend heißen „Barthlgasserfeld“, „Heiligenbuckel“ und die heutige Dünzlauer Straße hieß bis zur Eingemeindung 1972 „Barthgasse“. Eine Standfigur des heiligen Bartholomäus steht rechts auf dem rechten Seitenaltar, dem so genannten Leonhardaltar in unserer Kirche. In den genannten Flurnamen könnte Kirche in Gerolfing ihren Anfang genommen haben. Die Kirche selbst muss man sich als einen Holzbau vorstellen, in der Größe einer Kapelle.

 

Unsere Pfarrkirche ist dem heiligen Rupert geweiht, dem ersten Bischof von Salzburg. Ein seltenes Kirchenpatronat, denn im Bistum Eichstätt gibt es nur vier Kirchen, die diesen Heiligen zum Patron haben. In Gerolfing könnte der Einfluss der Aribonen so groß gewesen sein, dass sie maßgebend bei der Wahl des Kirchenpatrons mitgewirkt haben. Die Aribonen waren eine bayerische Adelsfamilie, die in Gerolfing großen Besitz hatte und dem Bistum Salzburg im Laufe der Zeit drei Bischöfe stellte. Demzufolge müsste man den ersten Kirchenbau in Gerolfing etwa um 950 n.Chr. ansetzen. Aus dieser Zeit stammt auch der wuchtige Kirchturm mit seinen romanischen Bauelementen.

 

Die erste schriftliche Nachricht über eine Pfarrei Gerolfing findet sich für das Jahr 1058 in den Büchern des Domkapitels Eichstätt, dessen Eigentum die Pfarrei Gerolfing war.

 

Der erste Pfarrer wird genannt, als im Jahr 1322 Bischof Marquard von Eichstätt die Pfarrei seinem Domkapitel übereignete.

 

Auch verschiedene Urkunden über Stiftungen hochgestellter Personen an die Kirche und Bestätigungen dieser Stiftungen durch Bischof und Domkapitel geben Nachricht über die Kirche in Gerolfing.


1546 brannte die Kirche im Schmalkaldischen Krieg ab. Nur der Turm blieb erhalten. Das Kirchenschiff wurde in den folgenden Jahren neu erbaut, aber erst 1564 geweiht.


100 Jahre später, zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges zündeten feindliche Truppen den Ort an. Nur etwa zehn Häuser und die Kirche haben diesen Großbrand überstanden. Auch der Pfarrhof brannte nieder. Wie durch ein Wunder überstand die Kirche auch die Großbrände von 1681 und 1833.

Hören Sie hier die Glocken der Pfarrkirche St. Rupert.

Pfarrkirche St. Rupert (Patrozinium 24. September)

"Künftigen Zeiten, Völkern und Geschlechtern tue ich kund:

Am hochheiligen Fronleichnamsfest im Jahre des Heils 1938, den 16. Juni, wurde ich in feierlicher, kirchlicher Weihe den Grundmauern der Kirche einverleibt."

…so beginnt die Urkunde über die Grundsteinlegung der neuen Pfarrkirche in Gerolfing.

Die alte Kirche, die aus dem 16. Jahrhundert stammte, war seit langer Zeit zu klein. Sie stand östlich des viel älteren romanischen Turmes, der auch wieder als Kirchturm erhalten bleiben sollte. Mit einer Länge von 25,4 m und einer Breite von nur 8 m konnte das Kirchenschiff 230 Personen fassen, wogegen die Zahl der Katholiken Gerolfings im Jahre 1938 bereits 820 betrug. Am Fronleichnamsfest 1938 nachmittags um vier Uhr wurde unter Teilnahme der gesamten Pfarrei die Grundsteinlegung für die neue Pfarrkirche gefeiert.

Oft wurde das Gotteshaus verändert. So im Jahre 1758, als das Kirchenschiff nach Osten erweitert und das Innere im Barockstil gestaltet wurde. Die Altäre stammen aus dieser Zeit.

Im Osterbereicht des Jahres 1931 an das Bischöfliche Ordinariat in Eichstätt berichtet Pfarrer Schadt über den erbärmlichen Zustand der Pfarrkirche. Das Dach sei so schadhaft, dass bei starken Regenfällen auf dem Kirchenpflaster große Wasserlachen stehen, dass ein Teil der Gemälde an der Kirchendecke völlig ruiniert sei, dass bei stärkerem Frost Teile der Decke herabfallen werden. Im Bericht heißt es weiter, dass die Kirche trotz der Auspfarrung von Dünzlau (1927 Umpfarrung von Gerolfing nach Mühlhausen) für die Pfarrei viel zu klein sei und die Pfarrangehörigen nicht mehr Platz hätten, von den Seitenaltären hätte man sogar die Antritte entfernen müssen, um Platz für die Kinder zu schaffen.

War unter Pfarrer Schadt noch von einer Erweiterung der Kirche die Rede, so wird unter seinem Nachfolger; Dr. Alois Maria Mauderer (seit 1. März 1939 Ortspfarrer) ein Abriss der Kirche und deren Neubau geplant.

 

Von Eichstätt war Baumeister Gabrieli nach Gerolfing geschickt worden, der den baulichen Zustand der Kirche untersuchte und einen Kostenvoranschlag von 1723 Gulden erstellte.

 

Der Friedhof, der früher die Kirche umgab, war bereits 1914 aufgelassen und abgetragen worden. Schon seit 1899 hatte hier keine Beerdigung mehr stattgefunden. Vielmehr wurden die Toten der Gemeinde in dem neuen, bereits 1898 angelegten und geweihten Friedhof im Osten des Dorfes bestattet.

 

Bereits in den Wintermonaten 1937/38 und das ganze Frühjahr hindurch gingen täglich zahlreiche Männer und Frauen, Burschen und Mädchen hinaus in die Kälberschütt, um nach Kies zu graben und Sand zu werfen. Über 1000 Fuhren dieser Materialien wurden mit Pferde- und Ochsenfuhrwerken herangekarrt und neben der Kirche gelagert. Im Pfarrhof wurden in zwei tiefen Kalkgruben 600 Zentner Kalk gelöscht und 600 Zentner Zement angefahren.

 

Der letzte feierliche Gottesdienst in der alten Kirche war die Erstkommunionfeier der 9 und 10 jährigen Kinder am Ostermontag 1938. Schon am nächsten Tag begann das Ausräumen der Kirche und der Abriss. Auch diesmal blieb der Turm stehen. Wiederum wurde diese Arbeiten wie auch das Wegfahren des Bauschutts, das Ausgraben der Fundamente und der Kellerräume in freiwilliger Gemeinschaftsarbeitvom ganzen Pfarrvolk ausgeführt. Gerolfinger Zimmerleute zerlegten den Hochaltar und die beiden Seitenaltäre, die zur Restauration nach Regensburg kamen. Alles half mit. Im großen Pfarrstadel wurde eine Notkirche eingerichtet. Dann ging es an die Abbrucharbeiten von Dach und Mauerwerk. Mit starken Winden, die gleichzeitig an mehreren Stellen angesetzt waren, wurden Stück für Stück zunächst die höheren Partien der alten, dicken Mauern umgelegt. Dabei konnte an Hand des verwendeten Baumaterials genau festgestellt werden, um wie viel die Kirche 1758 nach Osten hin erweitert worden war.

Beim Abriss der alten Kirche im Jahr 1938 konnte man anhand des Baumaterials genau feststellen, um wie viel die Kirche 1758 erweitert worden war. Während das ursprüngliche Mauerwerk (auf der Skizze schwarz gezeichnet) aus behauenen Bruchsteinen bestand, war der Erweiterungsbau (auf der Skizze hell gezeichnet) in Ziegelbauweise errichtet worden. Viele hundert Fuhren waren notwendig, um Steine und Bauschutt wegzufahren.

Anfang Mai 1938 begannen die Erdarbeiten für die in der neuen Kirche vorgesehenen Unterräume und Fundamente und bereits am 24. September des gleichen Jahres konnte der erste Gottesdienst in der neuen Kirche gefeiert werden. Die Gerolfinger konnten mit Recht von „unserer Kirche“ sprechen. Alles geschah in mühevoller Handarbeit. Und wiederum wurden einige hundert Fuhren Erdreich weggeschafft. Diese Vorarbeiten wurden in freiwilliger Gemeinschaftsarbeit vom Pfarrvolk ausgeführt. Am 10. Mai 1938 begannen die Maurer mit ihrer Arbeit, und schon bald streckten sich nach allen Seiten hin die Mauern in die Höhe. Selbst bei den Maurer- und Betonarbeiten halfen noch viele als Handlanger um Gotteslohn mit. Immer wenn Steine oder sonstiges Baumaterial zum Abladen war, rief ein Glockenzeichen vom Kirchturm freiwillige Helfer zur Baustelle. Gegenüber der alten Kirche war der Neubau um 10 Meter länger und fast doppelt so breit angelegt.

Zur feierlichen Grundsteinlegung war aus Eichstätt der hochwürdige Herr Prälat Willibald Regnath gekommen, der im Auftrag von Seiner Exzellenz Bischof Dr. Michael Rackl die kirchliche Weihe und Segnung des Grundsteines vollzog. Der feierliche Zug bewegte sich mit Kreuz und Fahnen von der Notkirche zum Bauplatz. Nach den Schulkindern kam eine Schar weißgekleideter Mädchen und Erstkommunikanten mit brennenden Kerzen. Ihnen folgten zahlreiche Priester aus der Umgebung, zuletzt Prälat Regnath, Dekan Josef Guttenberger aus Lenting und der Ortspfarrer Dr. Alois Mauderer. Ein mächtiges Holzkreuz ragte in der Mitte des neuen Altarraumes empor. Gebete, Lieder des Kirchenchores, ein Prolog zur Grundsteinlegung, die Ansprache von Prälat Regnath wechselten einander ab. Die Urkunde war in kunstvoller Handschrift geschrieben von Rektor Emil Geßlein und gibt Kunde von den gegenwärtigen Zeiten im Allgemeinen und von den Umständen des Kirchenbaus. Nach dem Verlesen wurde sie zusammen mit Geldmünzen und Zeitungen der damaligen Zeit in eine kupferne Schatulle gelegt, an Ort und Stelle vom Gerolfinger Spengler Martin Eittinger verlötet und vom Maurer Josef Lang in eine Maueröffnung geschoben und eingemauert.

 

Das Ende der Urkunde lautete:

 

„Wir legen den Grundstein zu Ehren der heiligsten Dreifaltigkeit, zu Ehren der Muttergottes, zu Ehren unseres Kirchenpatrons, des hl. Rupert, des hl. Leonhard und aller Heiligen. Mögen sie weiterhin unseren Bau schirmen und alles Unglück von uns fernhalten! Rastlos wollen wir mit Gottes Hilfe weiterbauen und den Bau noch in diesem Jahr vollenden. Am Fest unseres Kirchenpatrons, des hl. Rupert, das wir seit uralten Zeiten am letzten Sonntag im September feiern, soll die neue Kirche ihre feierliche Weihe und Segnung erhalten. Dann soll unser Herr und Heiland Jesus Christus, dem wir heute im heiligsten Altarsakrament nach altem Brauch die Straßen des Dorfes anbetend gefolgt sind, aufs Neue seine eucharistische Wohnung bei uns aufschlagen und seine Gnaden und Sakramente von hier spenden, uns und unseren Kindern und Kindeskindern in künftigen Geschlechtern, Gott zur Ehr und uns und unseren Nachkommen zum Heil für Zeit und Ewigkeit! Amen.“

Nun folgten wieder Monate schwerer Arbeit, und wie vorgesehen konnte am 24. September 1938, dem Patroziniumsfest, der erste Gottesdienst in der neuen Pfarrkirche gefeiert werden mit einer stillen, auf den Kirchenraum beschränkten Einweihungsfeier. Die politischen Zeitumstände erlaubten nicht mehr!

Neun Jahre sollten vergehen, bis unsere Pfarrkirche am 28. September 1947 durch Bischof Michael Rackl ihre Weihe erhielt. Aus diesem Anlass wurden auch zwei Jahrgänge Gerolfinger Kinder nicht wie üblich im Münster zu Ingolstadt gefirmt, sondern in Gerolfing, in ihrer Heimatkirche.

Die Pläne des Kirchenneubaues waren ein Werk des Architekten Friedrich Haindl von München, dessen Vorfahren aus Gerolfing stammen. Ein Vergleich mit der alten Kirche zeigt, dass der Architekt keine großen Neuerungen brachte, dass er sich vielmehr in den Proportionen an das Alte gehalten hat. Friedrich Haindl war zu jener Zeit der Architekt der Diözese Eichstätt schlechthin. Etwa 20 Kirchen allein in unserer Diözese sind sein Werk, wie etwa die Willibaldskirche in Oberhaunstadt, St. Anton in Ingolstadt, die Pfarrkirchen von Mörnsheim, Schernfeld und Dollnstein. Für bestimmte Arbeiten hatte er seine Leute. So malte Professor Raab, der Künstler unseres Deckengemäldes, auch die Decke in der Kirche von Oberhaunstatt, verschieden im Motiv, aber gleich im Stil.

Den Bau leitete Maurermeister Otto Koppenhofer von Gerolfing und Gerolfinger Zimmerleute unter Leitung von Zimmermann Andreas Heindl setzten das Dach auf die Kirche.

Der stehen gebliebene Turm erfuhr dann eine gründliche Renovierung im Jahre 1939.

Der Kunsthistoriker nennt unsere Pfarrkirche eine flachgedeckte Saalkirche mit einem um viele Jahrhunderte älteren romanischen Kirchturm mit seinen Rundbogenfriesen. Die apsidialen, seitlichen Anbauten der Taufkapelle im Süden und des Eingangs und der Sakristei im Norden dienen von der Architektur her betrachtet der Windaussteifung, so dass man an den Mauerstärken entsprechend sparen konnte.